Wildes Wasser – Im Zweribach regiert noch immer die Wildnis

„Wildes Wasser“

Im Zweribach regiert noch immer die Wildnis

„Wer den Zweribach hinaufsteigt und zuhinterst über den Wasserfall den Pfad auf die Platte einschlägt, dem kann es geschehen, dass er in der Wirrnis von Wasser, Wald und Felsen vom Weg abkommt, er weiß nicht wie.“ Fritz Hockenjos, Wäldergeschichten 1960

Es ist ein heißer Julitag als wir uns zu den Zweribachwasserfällen aufmachen. Bedenken, dass wir uns im Bannwald verlaufen haben wir keine: durch die Ortsgruppen des Schwarzwaldvereins ist der Weg sehr gut ausgeschildert. Vorsicht ist dennoch geboten: Der Pfad ist steil und verläuft über schroffe Felsen, Steige und Leitern. Wer ihn wandert, sollte über festes Schuhwerk, Kondition und Trittsicherheit verfügen. Die Route führt uns in eine der wildesten und schönsten Ecken des Schwarzwalds, in die der Hirsch- und Zweribach, von einer Hochfläche an der Südflanke des Kandels kommend, eine tiefe Kerbe in den Berg geschnitten hat.

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Unvorstellbar, dass in diesem steilen undurchdringlichen Tal einst Menschen wohnten und arbeiteten. Die Wälder gehörten den Klöstern in St. Peter und Waldkirch, der Wildbach bildete damals die Grenze. 1592 vergaben die Klöster Siedlungsrechte an Tiroler Holzbauern, die das Tal, in dem Bären, Wölfe und Wildschweine hausten, urbar machten.

Acht Höfe wurden errichtet, von denen die tiefsten im Tal vier Monate lang keinen Sonnenschein sahen und die obersten „die Kinder anbinden mussten, dass sie nicht hangab rollten.“ Hungersnöte, Missernten und Todesfälle durch Lawinen überschatteten das einsame und karge Leben der Siedler. Davon erzählt das Buch „Wäldergeschichten“, das der Förster Fritz Hockenjos 1960 verfasste.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verließen die meisten Bewohner ihre Höfe und verkauften ihre Grundstücke an die Forstbehörde. Seit 1969 sind die Wälder um den Hirsch- und Zweribach als Naturschutzgebiet und Bannwald ausgewiesen.

Heute sind nur noch einzelne Ruinen zu sehen, die von der einstigen Besiedelung zeugen, wie der Brunnenhof, an dessen Stelle sich ein Rastplatz mit Schutzhütte befindet.

„Im Zweribach lassen sich keine Wege bauen, und der Wald hat seine urige Wildheit behalten“ Fritz Hockenjos

Welche Kräfte die Natur entwickeln kann, erlebten die Bewohner des Bruggerhofes am 26. August 1950 als sich ein furchtbares Unwetter über dem Tal entlud. Mit unglaublicher Kraft donnerte eine Sturzflut ins Tal, riss Felsen aus dem Steilhang und zerfetzte ganze Waldstücke. Mächtige Tannen knickten ein wie Streichhölzer. Als hätten die Urkräfte Mikado gespielt und die Stämme kreuz und quer in die Schlucht geworfen.

Und dort liegen sie noch immer. Quer über dem Zweribachwasserfall, dessen Kaskaden Wassernebel versprühen, in denen bunte Regenbogen funkeln. Von weiten hören wir Wasser rauschen und brausen. Wir steigen über Treppen, Brücken und steile Felsstufen, vor und neben uns sprudelt und stürzt sich der Wildbach über mächtige Felsen hinab.

Es ist ein wilder Dschungel, durch den der Zweribach rauscht, voller Anmut und Schönheit. Es ist einer jener Orte, der seine Wildheit und Ursprünglichkeit bewahrt hat. An dem wir still verweilen und von dessen Magie wir uns verzaubern lassen.

Birgit-Cathrin Duval

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Birgit-Cathrin Duval