Die Schieb´ goht ebe nus

„Die Schieb´goht ebe nus“

Einmal im Leben ist jeder Elzacher ein "Schiebeschläger"

Flammen lodern geheimnisvoll in den dämmerblauen Himmel. Glühende Scheiben flirren wie Sternschnuppen durch die Nacht. Eine Spur aus feuriger Funkenglut hinter sich ziehend, sausen sie weit durch die Lüfte.

Immer am vierten Fastensonntag brennen im ZWEITÄLERLAND die Scheibenfeuer. Bis heute wird in Elzach der uralte Brauch nach festen Ritualen durchgeführt: nur einmal in seinem Leben darf ein Elzacher Scheiben schlagen. In Elzach ist das traditionelle Scheibenschlagen ausschließlich dem „Schiebeschlägerjahrgang“ vorbehalten. Nur den jungen Männern, die in diesem Jahr volljährig werden, ist es gestattet, die Scheiben zu schlagen. Der Jahrgang ist für die Ausrichtung des Feuers verantwortlich. Holzsammeln, Schnitzen der Haselnussstöcke und Anfertigen der Scheiben gehört ebenso dazu wie das Aufschichten des Feuerholzes und der Bau des Abschlagbocks. 

Bei Einbruch der Dunkelheit am Sonntag Lätare lodert das Scheibenfeuer. Sobald die Flammen züngeln und die Kirchenglocken um 18 Uhr das Betzeitläuten anzeigen, scharen sich die in schwarze Mäntel und Hüte gekleidete Scheibenfeuerschläger um das Feuer und singen das Marienlied.

Die erste, kunstvoll bemalte Scheibe wird vom „Schiebevadder“ ohne sie in die Glut zu halten, zur Ehre der Muttergottes geschlagen. Nach der „Muttergottesscheibe“ folgen zwei weitere, kalt geschlagene Scheiben. Danach dürfen die jungen Männer ihre Holzscheiben ins Feuer halten. Die glühende Scheibe wird mit dem Spruch „Die Schieb’, die Schieb’ goht ebe nus, goht si nit, so gilt si nit, so g’härt si keiner Jungfer nit – wem soll die Schiebe g’hähre?“ über den Holzbock geschwungen, bis ein kräftiger Abschlag die funkensprühende Scheibe in die Luft katapultiert. Die geschlagene Scheibe sirrt wie ein glühender Diskus durch die dunkle Nacht, die besten Schläger erhalten anerkennendes Lob der Zuschauer.

Bis ins 18. Jahrhundert war das Scheibenschlagen auch als „Jungfrauenfasnet“ bekannt, denn die Scheiben waren den ledigen Frauen gewidmet. Das wird noch heute so praktiziert: ein Scheibenschläger ruft in alphabetischer Reihenfolge die Namen der unverheirateten Mädchen und Frauen des Städtchens.

Zum Abschluss und Höhepunkt des Scheibenfeuers rollt ein mit Stroh gefülltes Wagenrad brennend den Berg herab und die jungen Leute des Ortes feiern bis in die frühen Morgenstunden die Ehre, einmal im Leben Scheibenschläger zu sein.

Birgit-Cathrin Duval

ein Beitrag von

Birgit-Cathrin Duval